Islamische Gebetsvorschriften |
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Die Voraussetzungen des Gebetes - Sara'it as-Salah Die sechs Voraussetzungen des Gebetes sind:
Bedecken bestimmter Körperteile - Satru l-Awrah
Sich zur Kaabah wenden - Istiqbalul-Qiblah
Das Gebet ist einer von den Grundsätzen des Islam. Es ist das zweite Fundament der islamischen Religion. Seit 14 Jahrhunderten ist es unverändert geblieben und wird es, Inscha’allah, bis zum Tage der Auferstehung bleiben. Im 12. Jahre des Prophetentums von Mohammad (s.a.s.) hat Allah (s.t.) das fünfmalige Gebet für die Muslime vorgeschrieben. Allahs Gesandter (s.a.s.) und seine Familienangehörigen verrichteten das Gebet schon seit den ersten Tagen seiner Berufung. Denn Gabriel (a.s.) hatte Mohammad (s.a.s.) in der ersten Begegnung mit ihm gezeigt, wie er sich für das Gebet waschen und das Gebet verrichten sollte.
Überall auf der Erde wird jeden Tag fünfmal das Gebet verrichtet. Nicht nach der Uhrzeit, sondern nach dem Stand der Sonne verrichten wir unsere fünfmalige Aufgabe. So geschieht es, dass wir Muslime rund um die Erde das Morgen-, Mittags-, Nachmittags-, Abend- und Nachtgebet zur selben Zeit verrichten. Also während die Gläubigen im Osten das Morgengebet verrichten, verrichten die abendländischen Muslime im gleichen Moment das Nachtgebet. Mit anderen Worten wird Azaan, unser Gebetsruf, ununterbrochen und nacheinander gerufen. Überall auf der Erde rufen wir den erhabenen Namen von Allah, dem Einzigen, Allmächtigen und Allgütigen, von tausenden Minaaretten gleichzeitig. Auch hierin zeigt sich die Universalität des Islam.
Die Gestaltung des islamischen Gebetes ist die höchste Form der Anbetung Allahs, weil sowohl der Geist als auch der Körper am Gebet beteiligt sind, denn der Mensch besteht aus Geist und Körper. Der Geist fühlt beim Gebet die religiöse und seelische Dankbarkeit, Ehrfurcht und Bewunderung am tiefsten und drückt auch mit seinen entsprechenden, körperlichen Bewegungen diese Dankbarkeit und Hingabe an Allah aus.
Das fünfmalige Gebet ist in allen Situationen des Lebens zu erfüllen. Keinesfalls dürfen die Muslime darauf verzichten und es grundlos versäumen. Die versäumten Gebete sind nachzuholen. Jeder Muslim kann diesen von Mohammad (s.a.s.) als Grundpfeiler der Religion bezeichneten Gottesdienst allein erfüllen. Der Islam gibt jedem Menschen die Möglichkeit und die Freiheit, unabhängig von anderen Personen oder von bestimmten Orten das Gebet zu erfüllen. In der islamischen Religion hat der Mensch das Recht, sich unmittelbar und in allen Situationen an Allah zu wenden. Weder Arbeit noch Reisen noch Krankheit noch ähnliche Umstände sollen den Gläubigen am Gebet hindern.
Das fünfmalige Gebet spielt die Hauptrolle in der moralischen Betreuung des Gläubigen.
"Und verrichte das Gebet! Wahrlich, das Gebet hält von Schandbarem und Verbotenem ab." (Al-Ankabuut 29:45)
Nachdem wir uns den Vorschriften entsprechend vorbereitet haben, wenden wir uns an Allah. Sich beim Gebet an Allah wenden, bedeutet, sich dem erhabenen Schöpfer hinzugeben. Diese fünfmalige Hinwendung zu Allah verhilft uns zu seelisch geistiger Aufmerksamkeit und Feinheit. Folgender Hadis drückt die Rolle des Gebetes für die moralische Läuterung der Muslime aus: "Das Gebet ist der Miraadsch der Gläubigen." (Hamidullah, Der Islam, 124)
Immer wenn wir durch die Verrichtung des Gebetes unser Herz und unsere Gedanken reinigen, nähern wir uns Tag für Tag, Gebet für Gebet dem Höhepunkt unserer geistigen Reife. Das Gebet wurde zum Anlass der Nacht- und Himmelfahrt des Propheten Mohammad (s.a.s.) vorgeschrieben. Allah, in seiner unbeschreiblichen Gegenwart, hat unabhängig von Zeit und Raum Seinen letzten Gesandten empfangen und in der Person von Mohammad (s.a.s.) alle Gläubigen gewürdigt. Am folgenden Tag übermittelte Allahs Gesandter seinen Gefährten (r.a.) die frohe Botschaft, dass die Gläubigen auch den erhabenen Schöpfer im Paradies anschauen werden, und bezeichnete das fünfmalige Gebet als Himmelfahrt der Gläubigen.
Von Dscharir (r.a.); Allahs Gesandter (s.a.s.) sagte:
"Ihr werdet Euren Herrn (im Paradies) anschauen, wie ihr den Vollmond (in der klaren Nacht) anschaut." (Buhaarii, Mawaaqitu s-Salaah: 16)
Daher sind die Zeiten, die wir beim Gebet verbringen, besondere Anlässe, die unserem Leben Bedeutung schenken.
Das Gebet umfasst zwölf Fard. Sechs von den zwölf Fard des Gebetes sind außerhalb des Gebetes und heißen Schart (=Voraussetzung). Die anderen sechs sind während des Gebetes und heißen Rukn (=Grundelement). Wer eine von diesen zwölf Fard unterlässt, der macht sein Gebet ungültig und muss dieses Gebet wiederholen. Niemals dürfen wir auf eine dieser Voraussetzungen bzw. eines dieser Grundelemente verzichten. Es gibt im Gebet Handlungen, die als Waadschib oder Sunnah zu bezeichnen sind, mit denen das Gebet vervollständigt wird. Zuerst lernen wir die Voraussetzungen und die Grundelemente.
Ø Ø Freisein von Hadschat (=AI-Tahaarah mina l-Hadas),
Ø Ø Freisein von Nadschas (=Al-Taharaah mina n-Nadschas);
Ø Ø bedecken bestimmter Körperteile (=Satr al-'Awrah);
Ø Ø sich zur Kaabah wenden (=Istiqbaal al-Qiblah);
Ø Ø die Zeit (=Al-Waqt);
Ø Ø die Absicht (=An-Niyyah).
Erst nachdem wir diese Voraussetzungen erfüllt haben, können wir das Gebet einleiten. Diese Voraussetzungen zeigen ganz deutlich, dass das Gebet im Islam der Hauptgottesdienst ist. Gegenüber den sechs Grundelementen gibt es die sechs Voraussetzungen. Indem wir äußerlich diese für das Gebet notwendigen Bedingungen erfüllen, bereiten wir uns innerlich auf das Gebet vor.
Der Gläubige, der das Gebet verrichten will, soll zuerst im rituellen Sinne rein sein. Das erreichen wir durch Wudu (=rituelle Waschung) oder Gusl (=Ganzwaschung).Es heißt im Qur’an:
"0 ihr Gläubigen! Immer wenn ihr zum Gebet aufsteht, wascht euer Gesicht, eure Hände bis zu den Ellbogen und überstreicht eure Köpfe, sowie wascht eure Füße bis zu den Knöcheln." (Al- Maaidah 5:6)
Die Muslime müssen ihren Körper ganz waschen, wenn eine Ursache eingetreten ist, welche einen Gusl (=Ganzwaschung) erforderlich macht. Also ist es undenkbar und unerlaubt, im alltäglichen Leben tätig zu sein, ohne sich nach bestimmten Umständen den ganzen Körper gewaschen zu haben. Deswegen müssen wir uns vor dem Gebet bewusst überlegen, ob wir im rituellen Sinne rein sind. Sind wir rein, dürfen wir das Gebet verrichten. Wenn wir des Wudu bzw. Gusl bedürfen, müssen wir uns waschen. Wudu und Gusl werden in den nächsten Kapiteln ausführlich erklärt.
Das betrifft sowohl den Körper als auch die Kleidung, die wir tragen und ebenfalls die Gebetsunterlage bzw. den Gebetsort. Wenn nur einer von diesen dreien nicht rein ist, dürfen wir nicht mit dem Gebet beginnen. Wir müssen unseren Körper, die Kleidung und den Gebetsort mit Sorgfalt rein halten. Es heißt im Qur’an:
"Und halte deine Kleider ständig rein." (Al- Muddassir 74:4)
Ein Muslim hat sich zumindest einmal in der Woche den Körper gründlich zu waschen. Den Arbeits- und Klimabedingungen entsprechend muss man sich manchmal öfter waschen. Außerdem reinigt man sich nach dem Gang auf die Toilette mit Wasser. Ist kein Wasser vorhanden, benutzt man andere Reinigungsmittel, wie z.B. Toilettenpapier.
Bei Männern sind es die Körperteile zwischen Nabel und Knie (awrah). Bei Frauen ist es der ganze Körper außer dem Gesicht, beiden Händen sowie beiden Füßen. Das Bedecken der 'AwrahTeile des Körpers ist sowohl beim Gebet als auch im Alltagsleben Pflicht. Was wir im Alltagsleben berücksichtigen und erfüllen, das missen wir beim Gebet noch sorgfältiger erfüllen. Im Qur’an heißt es:
"0h Kinder von Adam! Zieht in jeder Moschee euer bestes Gewand an." (Al-A’raaf 7:31)
Außerdem müssen wir uns so anziehen, dass die Kleidung nicht unsere Konzentration im Gebet stört. Durchsichtige und zu enge Kleider dürfen nicht angezogen werden. Männer dürfen auch im Gebet keine seidene Kleidung tragen. Wenn ein Muslim aus irgendeinem Grund keine ausreichende Kleidung hat, so soll er das Gebet kniend-sitzend erfüllen.
Die Kaabah ist die Qiblah (=Gebetsrichtung) der Muslime. Die geheiligte Kaabah liegt in der gesegneten Stadt Mekka. Im Qur’an heißt es:
"Woher du auch immer kommst, richte dein Angesicht in die Richtung von al-Masdschid al-Haram! Und wo ihr auch seid, richtet euer Angesicht in die Richtung zu ihm!" (Al- Baqarah 2:150)
Muslime, die in gesegneter Mekka das Gebet verrichten, müssen sich nach der Kaabah richten. Also sollen sie in der Masdschid al Haraam das Gebäude der Kaabah sehen können. Die Muslime, die außerhalb von Mekka das Gebet verrichten, wenden sich in Richtung der Kaabah.
Selbstverständlich kann man das fünfmalige Gebet auch auf dem Schiff, im Zug, Bus oder Flugzeug verrichten. Gleichfalls müssen wir uns dort auch in Richtung der Kaabah wenden. Wenn wir niemanden fragen können, so müssen wir überlegen und uns in jene Richtung wenden, in der unserer Vermutung nach die Kaabah liegt. Die Kaabah ist das älteste Gebetshaus der Erde. Die Gesandten Allahs Ibraahiim und Ismaaiil (a.s.) haben sie errichtet. Allahs letzter Gesandter Mohammad (s.a.s.) hat bei der Renovierung der Kaabah selbst mitgearbeitet und sich dabei die Schulter verletzt. Es ist unser innerlicher und aufrichtiger Wunsch, die gesegnete Kaabah und ihre Umgebung sowie das gesegnete Medina zu besuchen.
Das fünfmalige Gebet, das Freitagsgebet und die beiden Festgebete sind zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten zu verrichten.
"Wahrlich, das Gebet ist für die Gläubigen eine zeitmäßig festgesetzte Pflicht." (Al-Nisaa’ 4:103)
Allahs Gesandter Mohammad (s.a.s.) gab seinen Gefährten die vorgeschriebenen Gebetszeiten auf praktische Art und Weise bekannt, denn sie haben fast 12 Jahre lang ihre Gebete gemeinsam mit ihm verrichtet.
Jedes Gebet müssen wir zur richtigen Gebetszeit verrichten. Jeden Tag haben wir also zu fünf bestimmten Tageszeiten der Reihe nach das Morgen-, Mittags-, Nachmittags-, Abend- und Nachtgebet zu erfüllen. In seltenen Fällen darf man das Mittags- und Nachmittagsgebet zusammenlegen und zur Zeit des Nachmittagsgebetes verrichten und ebenso das Abend- und Nachtgebet zur Zeit des Nachtgebetes. In islamischen Quellen wird berichtet, dass Allahs Gesandter Mohammad (s.a.s.) zu bestimmten Anlässen die genannten Gebete nacheinander erfüllt hat:
Von Ibn 'Abbaas (r.a.); er sagte:
"Der Gesandte Allahs (s.a.s.) verrichtete das Mittags- mit dem Nachmittagsgebet sowie das Abend- mit dem Nachtgebet zusammen, wenn er auf Reisen ging." (Buhaarii, Tasdschir as-Salaah: 13)
Die Gebetszeiten berechnen sich nach dem Sonnengang. Die Zeit des Morgengebetes beginnt im Augenblick der Morgendämmerung und dauert bis knapp vor Sonnenaufgang. Die Zeit des Mittagsgebetes wie auch des Freitagsgebetes beginnt, kurz nachdem die Sonne ihren Zenit erreicht hat, und dauert, bis der Schatten eines aufgerichteten Gegenstandes zweimal so groß ist wie der Gegenstand selbst. Mit anderen Worten, die Zeit des Mittagsgebetes dauert bis zur mathematischen Hälfte des Nachmittags. Die Zeit des Nachmittagsgebetes beginnt nach dem Ende der Zeit des Mittagsgebetes und dauert bis knapp vor Sonnenuntergang. Die Zeit des Abendgebetes beginnt, nachdem die Sonne untergegangen ist, und dauert bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Zeit des Nachtgebetes beginnt mit dem Einbruch der Dunkelheit und dauert bis zur Morgendämmerung. Das Witr-Gebet verrichtet man als letztes Gebet des Tages nach Erfüllung des Nachtgebetes. Das Tarawiih Gebet im Monat Ramadaan verrichtet man zur Zeit des Nachtgebetes, und zwar zwischen dem Nachtgebet und dem Witr-Gebet. Die Zeit des Festgebetes: Das Festgebet verrichtet man am ersten Tage des Festes, und zwar etwa 45 Minuten nach dem Sonnenaufgang.
Das Gebet ist mit Aufrichtigkeit zu erfüllen. Aufrichtigkeit hängt mit der Absicht zusammen. Der Gläubige soll sich bewusst an Allah wenden. Im Qur’an heißt es:
"Doch nichts anderes wurde ihnen aufgetragen, als Allah anzubeten, reinen Glaubens und lauter und das Gebet zu verrieten und die Zakat zu entrichten; denn das ist die wahre Religion." (Al Bayyinah 98:5)
Von 'Omar b. al-Hattab (r.a.); er sagte: Ich habe Allahs Gesandten (s.a.s.) zugehört, als er sagte:
"Wahrlich, die Taten sind den Absichten entsprechend. Jedem wird das, was er beabsichtigt, zugeschrieben." (Buhaarii, Bad' al Wahy: 1)
An und für sich sollten die zuvor genannten Voraussetzungen den Gläubigen im wesentlichen vorbereitet haben, so dass er seine Dankbarkeit und Hingabe an Allah durch das Gebet zum Ausdruck bringen kann. Man muss vor dem Iftitaah Takbiir (=Einleitungs-Takbiir) noch einmal überlegen, welches Gebet gerade zu erfüllen ist. Diese innerliche und bewusste Entscheidung heißt Niyyah (=Absicht). Es ist zu beachten, dass wir das Gebet sowohl mit dem Geist als auch mit dem Körper zu verrichten haben. Daher ist es notwendig, eine aufrichtige Absicht zu erreichen, damit man sich seelisch und geistig auf das Gebet konzentrieren kann. Es ist Fard, die Absicht in Gedanken zu formulieren. Diese in Gedanken formulierte Absicht wörtlich und mündlich auszudrücken ist Sunnah. Eine solche Absicht formuliert man etwa so: "Ich beabsichtige zum Wohlgefallen Allahs den Sunnah-Teil des heutigen Morgengebetes zu verrichten."
Textquelle:MEIN LEBEN FÜR DEN ISLAM 1 / RELIGIONSLEHRBUCH / Verfasser:Baki Bilgin
IslamischeGlaubensgerneinschaft in Österreich/Wien 1995